„Eine charakterlich sehr starke Truppe“

Griedel lässt’s krachen – Saisonabschluss mit Kantersieg gegen Mainz II
13.05.2025
Griedel lässt’s krachen – Saisonabschluss mit Kantersieg gegen Mainz II
13.05.2025

„Eine charakterlich sehr starke Truppe“

Bericht von Harald Sekatch in Zusammenarbeit mit Trainer Kai Vormwald für die Gießener Allgemeine und Butzbacher Zeitung

TSV Griedel, Meister der Handball-Bezirksoberliga und Aufsteiger in die Oberliga – Mitte

Mit Abstand erfolgreichster Angriff der Liga – Tempogegenstoß die stärkste Waffe

(se). „Als Absteiger aus der Landesliga werden wir mit dem nötigen Respekt, aber auch selbstbewusst an die neue Herausforderung Bezirksoberliga herangehen“, hatte Kai Vormwald, Trainer des TSV Griedel, vor dem Start in die Saison 2024/25 verkündet. Das hörte sich vielversprechend an, und diese Sichtweise zahlte sich dann auch aus. Im Verlauf der Runde spielte wieder Respekt eine Rolle, doch nun in umgekehrter Richtung.  Diesmal wurde er den Handballern aus dem Butzbacher Stadtteil entgegengebracht –  von den Mitbewerbern in der Bezirksoberliga. Mit dem 40:28-Erfolg am vergangenen Samstag über die HSG Hungen/Lich machte der TSV sein Meisterstück, der, natürlich, den Aufstieg in die Oberliga bedeutet. „Der TSV Griedel war eines Meisters würdig“, bewertete Hungens Trainer Florian Großmann den Auftritt des künftigen Oberligisten in dieser Partie. Mit dem Aufstieg hat die Mannschaft den letztjährigen Abstieg korrigiert und ist wieder in der zweihöchsten Spielklasse auf Ebene des Hessischen Handball-Verbandes vertreten.

„Ich will nicht mehr als zehn Minuspunkte haben“, hatte Kai Vormwald vor Saisonbeginn ausgegeben. Bei derzeit 44:6 Punkten hat di Mannschaft diese Vorgabe übererfüllt. Doch dank starker Konkurrenz wurde der Titel zwar erst am vorletzten Spieltag eingefahren, die Grundlage dafür in den Spielen davor geschaffen. Dass der TSV Griedel am Ende der Saison ganz oben steht, hatten vor Saisonbeginn nur wenige erwartet. Die meisten Bezirksoberliga-Trainer hatten andere Mannschaften oben auf dem Zettel.

Als Nachteil, so wurde vermutet, könne sich der relativ kleine Kader erweisen. Dass mit Luis Schepp und Wanja Köhler zwei Stammkräfte im Laufe der Saison verletzungsbedingt ausfielen, machte die Sache auch nicht gerade leichter. Doch auch ohne die beiden spielte der TSV Griedel in der Bezirksoberliga eine herausragende Rolle. „Wir haben sehr viel Fleiß investiert“, wirft Kai Vormwald einen Blick zurück auf die Saisonvorbereitung „und wie die Mannschaft mitgezogen hat … das war schon phänomenal.“ Allerdings hat der (fast) 56-Jährige versucht, auch in der anstrengenden Phase im Vorfeld der Saison den Spaß am Handball nicht zu kurz kommen zu lassen. Dabei stellte Kai Vormwald schon frühzeitig fest, dass auf seine Spieler Verlass ist: „Das ist eine charakterlich sehr starke Truppe“, beschriebt der Coach sein Team und lobt seine Spieler auch dafür, dass sie stets bereit waren, etwas Neues zu lernen. In der Vorbereitung war es auch wichtig, die Mannschaft zusammenzuschweißen, was sehr gut gelungen ist, wie der Saisonverlauf gezeigt hat. Die Ballsicherheit ist vorhanden, denn, so Kai Vormwald, die “Spieler sind alles in allem sehr gut ausgebildet“.

In diesem Zusammenhang macht sich die intensive Jugendarbeit bei dem Verein aus dem 1600-Seelen-Dorf bemerkbar. Der TSV Griedel bildete den größeren Teil seiner Aktiven selbst aus, in den jüngeren Jahrgängen sogar ohne Partner. So kommt der überwiegende Teil der Spieler selbst aus dem Ort, und das zahlt sich aus. Denn beim TSV Griedel wird das Gemeinschaftsgefühl gehegt und gepflegt. Die Spieler kennen sich, oft seit frühester Kindheit, und das erweist sich sicherlich nicht als Nachteil. Ausserdem, sagt Kai Vormwald, fühlen sich die Spieler im TSV Griedel sehr wohl“.

Mit Blick auf die neue Saison in der Oberliga haben die Griedeler Verstärkung in ihr Team geholt und werden mit Fabio Grosso und David Potschka zwei Akteure der MSG Florstadt/Gettenau in ihren Kader aufnehmen. Kai Vormwald, der im vergangenen Jahr das Traineramt in Griedel übernommen hat, bleibt dem TSV Griedel erhalten und wird die Mannschaft auch in der Oberliga führen.

Als „stärkste Waffe“ der Griedeler wird der Tempogegenstoß bezeichnet. Die schnelle Mitte, die erste und zweite Welle – das alles haben die Griedeler so weit perfektioniert, dass ihnen in der Liga nur wenige Mannschaften gewachsen sind. Aber auch das Positionsspiel im Angriff ist überdurchschnittlich effizient. Ein weiteres Plus: Die Mannschaft lässt auch bei einer deutlichen Führung in der Schlussphase nicht nach. „Wir werden nicht arrogant“, lobt der Trainer sein Team. Bis zur Schlusssirene gibt die Mannschat Vollgas. Auch dass die Griedeler dreimal als Verlierer das Parkett verlassen haben, richtete keinen nachhaltigen Schaden an. „Niederlagen gehören dazu“, berichtete Kai Vormwald und ergänzt: „Man muss auch die Leistung des Gegners anerkennen.“ Allerdings war man beim TSV Griedel mit der eigenen Leistung in der Regel sehr zufrieden.  Das zeigte sich auch darin, dass der Trainer bei zahlreichen Begegnungen auf die ihm zustehende Auszeit verzichtete, da der Spielverlauf ein zusätzliches Eingreifen von der Bank überflüssig machte. Ein großes weiteres großes Plus: Die mannschaftliche Geschlossenheit.

Dass der TSV Griedel mit bislang 916 erzielten Treffen den mit Abstand erfolgreichsten Angriff in der Liga stellt, zeigt auf, worin die Stärken der Mannschaft liegen. Der nächste in diesem Ranking, der TSV Lang-Göns, hat fast 100 Treffer weniger erzielt. Mit Thomas Grassl (163), Sandro Hachenburger, geb. Krüger (141), Lukas Kipp (138) und Constantin Jantos (122) stellt der Meister vier Spieler, die bis dato dreistellig getroffen haben, so viel, wie kein anderer Verein. Was die Gegentore anbelangt, liegen die Griedeler mit 684 Treffern auf dem zweiten Platz. Nur Heuchelheim hat weniger Tore kassiert. Mit Hendrik Krüger und Marco Pajung stehen dem TSV zwei zuverlässige Torleute zur Verfügung. Dabei erwies sich Hendrik Krüger als Dauerbrenner, denn er wirkte in allen 25 bisher ausgetragenen Begegnungen mit. Beide Torhüter genießen das uneingeschränkte Vertrauen ihres Trainers. „Bei mir haben die beiden freie Hand“, erläutert Kai Vormwald, „sie entscheiden selbst, wann gewechselt wird.“

Sehr zufrieden mit seinen Möglichkeiten beim TSV Griedel zeigt sich der C-Lizenz-Inhaber, der die Unterstützung durch den TSV-Vorsitzenden Lars Moscherosch, seinen „Co“ Timm Weiß und Torwarttrainer Georg Graßl, der allerding aus beruflichen Gründen kürzertreten musste, hervorhebt. Zum gesamten Team gehörte auch Physiotherapeutin Sarah Vogl, die in der kommenden Saison allerdings nicht mehr zur Verfügung steht und deren Aufgabe, wie bereits mehrfach geschehen, Solvej Fritz wahrnehmen wird. Seit 13 Jahren ist Dr. Wolfgang Pörschke als Mannschaftsarzt für den TSV tätig; diese medizinische Betreuung wird von den Griedelern als „hervorragend“ bezeichnet.

Und am Ende sei eine Person genannt, ohne die der Handball in Griedel auf diesem Niveau gar nicht möglich wäre: Jürgen Weiß. Männerwart, Teammanager – diese Bezeichnungen umschreiben nur unzureichend das Engagement des „Machers“ in Griedel.  „Ich habe selten erlebt, dass jemand so extrem eingespannt ist“, lobt der Trainer den Teamverantwortlichen. „Er nimmt mir viel Arbeit weg und hält mit den Rücken frei.“ Jürgen Weiß kann als eine Institution im heimischen Handball angesehen werden, und sein Name ist untrennbar mit dem TSV Griedel verbunden.  Er schafft Jahr für Jahr die Grundlage für die sportlichen Erfolge der Griedeler Handballer.

Dass der TSV Griedel, der im vergangenen Jahr sein 125-jähriges Bestehen gefeiert hat, im Ort eine feste Basis besitzt, beweist die Tatsache, dass bei 950 Mitgliedern weit mehr als jeder zweite Griedeler dem Turn- und Sportverein von 1899 angehört.