Deutsch-tschechische Jugendbegegnung in Griedel

Bürgermeister Michael Merle ist der Schirmherr für das Griedeler Entenrennen der Kinder
14.08.2018
Andere haben Präsidenten, Griedel hat eine Entenkönigin
15.08.2018
Bürgermeister Michael Merle ist der Schirmherr für das Griedeler Entenrennen der Kinder
14.08.2018
Andere haben Präsidenten, Griedel hat eine Entenkönigin
15.08.2018

Deutsch-tschechische Jugendbegegnung in Griedel

Teilnehmer der deutsch-tschechischen Jugendbegegnung zwischen dem TSV Griedel und dem SKP Frýdek-Místek

Völkerverständigung auf vergnüglichste Art

Bericht von Stephan de Groote

Staatsempfänge, Festakte und Sonntagsreden mögen wichtig für die Völkerverständigung sein, noch besser lässt sie sich sicherlich aber durch persönliche Begegnungen praktizieren, durch Neugierde aufeinander, gemeinsame Erlebnisse und einfach dadurch, dass man sich zunehmend besser kennen und schätzen lernt. So halten es der TSV Griedel und sein tschechischer Partnerverein, der SKP Frýdek-Místek schon seit 17 Jahren, begründeten sie doch ihre Partnerschaft bereits im Jahre 2001 und damals waren noch Schröder und rot-grün an der Macht, so lange ist das schon her! Seitdem verging kein Jahr ohne Besuche und Gegenbesuche, stets in Gruppen von um die 20 jungen Handballspielern und ihren Betreuern. Entsprechend oft haben wir vom TSV Griedel den Leserinnen und Lesern der Butzbacher Zeitung bereits Frýdek-Místek und seinen Handballverein vorgestellt. Wenn Sie das alles schon wissen sollten, können Sie daher den nachfolgenden Absatz unbesorgt überspringen. Für alle anderen wollen wir Frýdek-Místek und unseren Partnerverein aber noch einmal kurz porträtieren.

Frýdek-Místek zählt an die 60.000 Einwohner und beherbergt einen der besten tschechischen Handballvereine, besagten SKP. Alles ist dort also ein wenig größer wie in unserem beschaulichen Griedel und umso stolzer sind wir Griedeler, von Frýdek-Místek mit einer Partnerschaft beehrt worden zu sein. Die Stadt liegt im Dreiländereck unweit der Grenze zu Polen und der Slowakei, also in einem Gebiet, das sicherlich erst sehr wenige Touristen und Reiseveranstalter für sich entdeckt haben. Das ist einerseits gut für Ruhesuchende und den Geldbeutel, andererseits aber auch schade, denn die malerischen Beskiden, an deren Fuß Frýdek-Místel liegt, sind sicherlich ideal geeignet für Wanderer und Skifahrer und laden mit ihren alten gemütlichen Gasthäusern zum allabendlichen Verzehr von deftigem Schweinebraten mit Knödeln und frisch gezapftem Bier ein. Geprägt wird das Stadtbild von Frýdek-Místek durch die mächtige Frýdeker Burg mit ihrem liebevoll eingerichteten Beskiden-Museum, Barockkirchen mit Zwiebeltürmen, verwinkelten Gässchen, Bürgerhäusern und Jugendstil-Cafés im Stile des guten alten Kaisers Franz, dem Flüsschen Ostravice, das sich inmitten von großzügig angelegten Park- und Freizeitanlagen durch die Stadt schlängelt und ihre beiden Teile – das mährische Místek und das schlesische Frýdek – gleichzeitig trennt und verbindet; aber auch – unsere Chronistenpflicht gebietet es, diesen Umstand nicht zu verschweigen – durch mausgraue realsozialistische Plattenbausiedlungen in den Randgebieten, die aber immer mehr durch schmucke Einfamilien- und Reihenhäuser aufgehellt werden. Die Kneipenszene von Frýdek-Místek zu schildern würde den Rahmen dieses Berichts sprengen und seinen Verfasser womöglich in eine allzu bierselige Stimmung versetzen. Sie reicht von verrauchten spelunkigen Arbeiterkneipen über Wiener Cafés, schummrige Bierkeller mit ehrwürdigen Kellnern in Frack und Fliege, kultige Jugendtreffs in stillgelegten Fabrikhallen mit hämmerndem Beat und dem robusten Charme alter Industriemonumente bis zu angesagten futuristischen Bars im Stile des Raumschiffs Orion. Diese Aufzählung kann und will aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. SKP ist übrigens die tschechische Abkürzung für Polizeisportverein. Angehende Gesetzeshüter waren allerdings unter den jungen Tschechen allenfalls sehr wenige zu finden, dafür lauter Freunde und Helfer. Auch ist der geradezu militärische Drill alter osteuropäischer Schule, den die Griedeler in den Anfangsjahren der Partnerschaft dort im Training beobachten konnten, mittlerweile einer deutlich entspannteren Herangehensweise gewichen, ohne dass hierunter die Qualität gelitten hätte.

Am 28.07.2018 war es wieder so weit. Nach einer kräftezehrenden über-zehnstündigen Fahrt – wie erwähnt liegt Frýdek-Místek im äußersten Osten Tschechiens – trafen die 21 tschechischen Jugendlichen und ihre 3 Betreuer in Griedel ein. Sie wurden mit großem Hallo begrüßt und erst einmal auf ihre Gastfamilien verteilt. Eine besondere Ehre für die Griedeler war es, unter den Betreuern auch den vielfachen slowakischen Nationalspieler Daniel Valo begrüßen zu dürfen, der auch vielen deutschen Handballfans als langjähriger Spieler bei Melsungen und Wetzlar in sehr guter Erinnerung geblieben sein wird. Extrem heiß war es und daran sollte sich auch in den kommenden Tagen kaum etwas ändern. Aber bei Grillspezialitäten und kalten Getränken stellte sich schon bald das typisch tschechische Lebensgefühl ein, das in Abwandlung eines Romantitels von Milan Kundera „die sehr gut erträgliche Leichtigkeit des Biertrinkens“ genannt wird. Ein ausgedehntes Besichtigungs- und Freizeitprogramm hatten die Griedeler auch wieder ausgetüftelt. Der Rundgang durch Griedel nahm nicht allzu viel Zeit in Anspruch. Die Hitze erforderte gebieterisch den Besuch des Butzbacher Schrenzerbades und des Dutenhofener Badesees. Wie schon bei allen vorherigen Besuchen der Tschechen nahm sich Landtagspräsident Norbert Kartmann wieder die Zeit, sie auf das Freundlichste im Wiesbadener Landtag zu bewirten und mit ihnen ein angeregtes längeres Gespräch zu führen. Auch Bürgermeister Michael Merle stand ihm beim Empfang der Frýdek-Místeker im Butzbacher Museum an Liebenswürdigkeit um nichts nach. Zum Trampolin-Springen bis hinauf in schwindelerregende Höhen ging es in die neue Superfly-Arena in Wiesbaden, auch wenn sich einige der älteren Herren unter den Griedelern – Namen sollen an dieser Stelle nicht genannt werden – hierbei etwas schwer taten. In der Licher Brauerei wurden die Tschechen wie gute alte Bekannte begrüßt, die sie ja auch sind. Im Mathematikum in Gießen wurden naturwissenschaftliche Phänomene bestaunt, auf den Spuren der alten Römer ein Teilstück des Limes erkundet. Bei der traditionellen Kanufahrt auf der Lahn gab es wieder die üblichen Havarien, rasanten Überholmanöver und erfrischenden, wenn auch nicht eingeplanten Bäder in den kühlen Fluten. Zum Lohn für ihre schweißtreibenden Strapazen winkten den Athleten … Sie wissen schon: wieder Grillwürste und kalte Getränke. Der besondere Dank aller Beteiligten gilt Jürgen Weiß und Rainer Hachenburger, die bei dieser Hitze sicherlich lieber auf ihren Sofas liegen geblieben wären, sich aber stattdessen immer um die Wünsche ihrer Gäste gekümmert haben.  Handball gespielt wurde natürlich auch, mit dem besseren Ende für die Gäste aus Tschechien. Am 04.08. hieß es dann, nach dem Frühstück bewegt voneinander Abschied zu nehmen. Aber man sieht sich ja spätestens schon im nächsten Jahr in Tschechien wieder.

Wieder einmal hat sich der TSV Griedel bei allen Ehrenamtlichen, besonders den Gastfamilien, zu bedanken, die durch ihr Engagement und ihren Einsatz die schöne Tradition des Jugendaustauschs mit Tschechien bis heute am Leben erhalten.

Die Organisatoren der deutsch-tschechischen Jugendbegegnung, von links: Jürgen Weiß, Daniel Valo mit Sohn Philipp, Rainer Hachenburger und Martin Strnadel